Abmahnungen: Die häufigsten Verstöße

Auch in diesem Jahr werden Abmahnungen nicht abgeschafft oder „entschärft“. Sie gehören zu unserer Rechtsordnung eines weit-gehend selbstverwalteten Wettbewerbsrechts. Dem Händler bleibt der Job, seinen Auftritt notfalls mit Hilfe von Anwälten, die sich auf die Beratung im Fernabsatz spezialisiert haben, entsprechend rechtssicher zu gestalten.

Abmahngrund Nr. 1 Falsche Widerrufsbelehrung

Verwenden Sie nicht einfach abgekupferte Belehrungstexte und seien Sie auch vorsichtig bei der Musterbelehrung des Gesetzgebers. Hier müssen ganz genau alle Anweisungen befolgt werden. Nicht jeder Mustertext ist für jedes Angebot der richtige. Einfach kombinieren dürfen Sie auch nicht. Wenden Sie sich im Zweifel bei diesem sehr schwierigen Thema an spezialisierte Anwälte.

Abmahngrund Nr. 2: Widerrufsrecht ausschließen

Schließen Sie für den Widerrufsfall die unfreie Rücksendung nicht aus. Sie müssen diese akzeptieren: OLG Hamburg, Beschluss vom 14. Februar 2007, Az. 5 W 15/07. Sie sollten dem Kunden auch das Strafporto nicht aufbürden.

Verlangen Sie vom Kunden nicht für die Ausübung des Widerrufsrechts einen Retourenschein anzufordern; auch nicht in Form von Bitten: OLG Hamm Urteil vom 10.12.2004, Az.11 U 102/04. Ansonsten müssen Sie klarstellen, dass die Bitte nicht eingehalten werden muss. Fügen Sie den Retourenschein besser gleich bei.
Abmahnfähig ist auch die Bitte oder Klausel in AGB die Ware nur mit Originalverpackung oder ungeöffnet zurückzusenden: OLG Hamburg Urteil v. 20.12.2006, Az: 5 U 105/06; OLG Frankfurt, Urteil v. 10.11.2005, Az. 1 U 127/05. u. wie vor OLG Hamm.

Abmahngrund Nr. 3: Falsches Impressum

Im Impressum im Internetshop oder bei Ebay und Co muss die komplette Adresse mit Telefonnummer, Telefax (nicht zwingend) und E-Mail angegeben werden.
Nennen Sie im Impressum den kompletten Namen. Abgemahnt wird erfolgreich: Vorname nur abgekürzt oder weggelassen: Kammergericht, Beschluss vom 13.02.2007, 5 W 34/07. 01805-Nummer können problemtisch sein.

Abmahngrund Nr. 4 Preiszusätze MwSt Versandkosten

Diese zusätzlichen Angaben zum Preis, wie z.B. der Hinweis, ob Umsatzsteuer enthalten ist oder nicht (OLG Hamburg; Beschluss vom 04.01.2007, Az.: 3 W 224/06) und die konkrete Höhe der Versandkosten (OLG Hamburg Urteil vom 23.12.2004, 5 U 17/04) gehören bei Internet- und sonstigen Angeboten im Internet bis dahin unmittelbar neben den Preis.
Sie können statt einer Pauschale auch „die näheren Einzelheiten der Berechnung“ angeben“. (Beispiel-Tabellen). Auf Versandkostentabellen lässt sich im Internet per Link verweisen. Beispiel:

„Elektrische Zahnbürste 29,– EURO, Preise inkl. MwSt. und zzgl. Versandkosten; Details hier“)“

Das OLG Hamm hat in seinem Urteil vom 28.03.2007 ( Az.: 4 W 19/07) entschieden, dass der Händler nicht nur Inlandsversandkosten angeben muss, sondern auch die Auslandsversandkosten der Höhe nach präsentiert werden müssen. Der BGH (Urteil vom 4. Oktober 2007 – I ZR 143/04 – Versandkosten) verlangt die Angabe lsbald sowie leicht erkennbar und gut wahrnehmbar auf einer gesonderten Internetseite {gemacht werden], die noch vor Einleitung des Bestellvorgangs notwendig aufgerufen werden muss.“

Abmahngrund Nr. 5 Grundpreisangaben

Neben dem Endpreis müssen Sie auch den Preis je Mengeneinheit einschließlich der Umsatzsteuer und sonstiger Preisbestandteile (Grundpreis) in unmittelbarer Nähe des Endpreises anzugeben haben. Die Mengeneinheit für den Grundpreis ist z.B. 1 Kilogramm, 1 Liter, 1 Kubikmeter, 1 Meter oder 1 Quadratmeter der Ware, ansonsten übliche Größen. Kein Freifahrtschein: Nach OLG Koblenz, Urteil v. 25.4.2006, Az. 4 U 1219/05 soll nicht immer Abmahnung gerechtfertigt sein.

Abmahngrund Nr. 6 Preisgegenüberstellung richtig

Falsch „9,99 Euro statt 14,99 Euro“! Das Wort „statt“ ist nicht eindeutig (BGH, Urteil vom 04.05.2005 Az. I ZR 127/02). Wenn Sie den Referenzpreis nicht näher bezeichnen, geht laut Rechtsprechung der Kunde davon aus, dass es sich um Ihren alten Händlerpreis handelt und nicht z.B. als unverbindliche Herstellerpreisempfehlung (so auch OLG Frankfurt a.M. OLG Report 2002, 290f. und OLG Stuttgart WRP 1996, 791ff.). Stimmt dies nicht, dann sind Sie als Händler gefordert, klare Angaben zu machen, worauf sich der Preis bezieht. („statt vorher bei uns …“). Dies gilt jedenfalls bei Markenwaren, die eine UVP haben können. Allein das Durchstreichen eines Preises ist keine Irreführung OLG Düsseldorf, Urt. vom 29.06.2010 – I-20 U 28/10 .

Abmahngrund Nr. 7 Unrichtige Preisempfehlung UVP

Eine Preisgegenüberstellung mit veraltetem UVP ist irreführend, weil sie zu große Preisersparnis vorspiegelt: BGH Az. I ZR 222/97, Urteil vom 24.05.2000.
Die Kennzeichnung mit der Abkürzung „UVP“ ist heute nicht mehr irreführend, weil sie dem Verkehr als Abkürzung für eine “unverbindliche Herstellerpreisempfehlung” bekannt ist: BGH, Urteil v. 7.12.2006, Az.: I ZR 271/03.

Abmahngrund Nr. 8 Eigene AGB basteln

Hochgefährlich sind ungeprüfte AGB, auch die kopierten von Ihrem Wettbewerber. Da muss ein spezialisierter Anwalt konsultiert werden. Auch kleine Abwandlungen bergen „Sprengstoff“:

Änderungen nur schriftlich
„Diese AGB enthalten sämtliche Regelungen. Mündliche Nebenabreden gelten als nicht getroffen. Sämtliche nachträglichen Änderungen oder Ergänzungen des Vertrages bedürfen der Schriftform.“

Das Gesetz kennt den Vorrang der Individualabrede vor AGB. Solche Individualabreden können auch mündlich getroffen werden. Schriftformklauseln, die auch solche Abreden nach Vertragsschluss erfasst, benachteiligen den Kunden unangemessen.

Gerichtsstand
„Gerichtsstand ist der Sitz des Verkäufers.“
Gerichtsstandsvereinbarungen führen sozusagen die Hitliste der falschen und unwirksamen AGB an. In AGB dürfen mit Verbrauchern keine Gerichtsstandvereinbarungen getroffen werden. Enthält die Klausel keine Beschränkung auf Kaufleute als Vertragspartner, dann ist die Klausel unwirksam.

Abmahngrund Nr. 9 Urheberrecht nicht beachten

Die Hitliste der Urheberechtsverstöße dürfte neben Kopien von Produktbildern / Werbematerial von der Herstellerseite für gewerbliche Zwecke (meist nicht gestattet), die Nutzung von Kartenmaterial bei Wegbeschreibungen anführen. Es gibt spezialisierte Anwaltskanzleien, die seit Monaten für die Kartenverlage gewerbliche Nutzungen von Kartenausschnitten abmahnen. Google und Co machen es leicht Kartenausschnitte aufzufinden. Verlockend ist die Möglichkeit der Kopie im Internet, die aber häufig nur zu privaten Zwecken kostenfrei erlaubt wird und eben nicht im gewerblichen Umfeld. Hersteller nutzen gerne Abmahnungen bei Verwendung ihrer Produktbilder und Werbeunterlagen in Internetshops, um allzu preisgünstige Anbieter zu disziplinieren. Achten Sie auch hier auf die Nutzungsbedingungen auf den Herstellerseiten und holen Sie sich im Zweifel eine Genehmigung. Neben Abmahngebühren von etwa 700 – 1.500 Euro werden schnell Lizenzkosten in gleicher Höhe fällig.

Abmahngrund Nr. 10 Selbstverständlichkeiten

Werben Sie nicht herausgestellt mit der Gewährleistung oder dem Widerrufsrecht. Das müssen Sie laut Gesetz gewähren. A propos „gewähren“. Die Richter schauen auf Kleinigkeiten: Schreiben Sie nicht: „Wir gewähren Ihnen ein Widerrufsrecht.“ Richtig „Ihnen steht ein Widerrufsrecht zu.“ Sonst kann schon diese Kleinigkeit eine berechtigte Abmahnung nach sich ziehen. Momentan aktuell: Abmahnungen zu Angeboten, die die Selbstverständlichkeit „CE geprüft“ angreifen. CE ist eine Konformitätserklärung und keine Prüfung. Tipp: Gar nicht erst darauf hinweisen.