Schadensersatz bei Abbruch von eBay-Auktion?

Der BGH hatte sich zuletzt in verschiedenen Fällen mit der Frage zu befassen, ob bei einem vorzeitigen Abbruch einer eBay-Auktion durch den Händler der bis dahin Höchstbietende einen Anspruch auf Schadensersatz hat. Im Ergebnis ist ein Schadensersatzanspruch wohl nur dann ausgeschlossen, wenn ein berechtigender Grund für den Abbruch der Auktion vorliegt.

Grobes Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung

Der BGH hat etwa mit Urteil vom 12. November 2014 entschieden, dass ein Kaufvertrag auch bei einem groben Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung besteht. In der Sache hatte ein Verkäufer einen gebrauchten VW Passat für zehn Tage zur Internetauktion bei eBay mit einem Startpreis von 1 EUR eingestellt. Nach einigen Stunden brach der Verkäufer die Auktion ab, da er außerhalb der Auktion einen Käufer gefunden hatte. Zum Zeitpunkt des Abbruchs der eBay-Auktion war der Kläger der einzige Bieter, welcher ein Maximalgebot von 555,55 EUR festgelegt hat.

Nach Abbruch der Auktion verlangte der Kläger Schadensersatz in Höhe von 5.249 EUR, dem Wert des Fahrzeugs Abzüglich des Gebotes von 1 EUR.

Die Klage hatte vor dem Landgericht dem Grunde nach Erfolg gehabt. Die Revision des beklagten Verkäufers wurde durch das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Der Beklagte legte gegen diese Entscheidung Revision zum BGH ein.

Der BGH hat entschieden, dass das Berufungsgericht dem Kläger zu Recht einen Anspruch auf Schadensersatz dem Grunde nach zuerkannt hat.

Zwischen den Parteien sei ein wirksamer Kaufvertrag zustande gekommen. Insbesondere sei die Auktion ohne berechtigenden Grund vorzeitig abgebrochen worden. Zur Anfechtung des Angebots wegen Irrtums sei der Verkäufer nicht berechtigt gewesen.

Der Schadensersatzanspruch scheitere auch nicht daran, dass der geschlossene Kaufvertrag als wucherähnliches Rechtsgeschäft wegen Sittenwidrigkeit nichtig wäre (§ 138 Abs. 1 BGB), so der BGH.

„Bei einer Internetauktion rechtfertigt ein grobes Missverhältnis zwischen dem Maximalgebot eines Bieters und dem (angenommenen) Wert des Versteigerungsobjekts nicht ohne Weiteres den Schluss auf eine verwerfliche Gesinnung des Bieters im Sinne von § 138 Abs. 1 BGB. Es bedarf vielmehr zusätzlicher -zu einem etwaigen Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung hinzutretender – Umstände, aus denen bei einem Vertragsschluss im Rahmen einer Internetauktion auf eine verwerfliche Gesinnung des Bieters geschlossen werden kann (Senatsurteil vom 28. März 2012-VIII ZR 244/10, NJW 2012, 2723 Rn. 20 f.).“

Es erschließe sich nicht, weshalb ein (Höchst)-Gebot unterhalb des Marktpreises sittlich zu missbilligen sein soll.

„Gibt der Bieter ein Maximalgebot ab, ist er nicht gehalten, dieses am mutmaßlichen Marktwert auszurichten. Wie der Senat bereits entschieden hat, macht es gerade den Reiz einer Internetauktion aus, den Auktionsgegenstand zu einem „Schnäppchenpreis“ zu erwerben, während umkehrt der Veräußerer die Chance wahrnimmt, durch den Mechanismus des Überbietens einen für ihn vorteilhaften Preis zu erzielen (Senatsurteil vom 28. März 2012-VIII ZR 244/10, aaO).“

Die Revision des Verkäufers hatte im Ergebnis daher keinen Erfolg (Urteil des BGH vom 12.11.2014 – VIII ZR 42/14).

 Vorzeitiger Abbruch einer eBay-Auktion nur mit Grund

Mit einem weiteren Urteil hat der BGH entschieden, dass ein vorzeitiger Abbruch einer eBay-Auktion auch mehr als 12 Stunden vor dem Ende der Auktion nicht grundlos erfolgen darf.

In der Sache bot ein Verkäufer bei eBay ein Stromaggregat zu einem Startpreis von 1 EUR an. Die Aution sollte 10 Tage laufen. Nach 2 Tagen brach der Verkäufer die Auktion vorzeitig ab. Zu diesem Zeitpunkt war der Kläger mit 1 EUR Höchstbietender. Nachdem der Verkäufer das Stromaggregat anderweitig verkauft hatte, begehrte der Käufer Schadensersatz in Höhe des Wertes des Produkts.

Der Verkäufer berief sich auf die Allgemeinen Geschäftsbedingungen von eBay und meinte, er hätte die Auktion ohne weiteres abbrechen dürfen, da die Auktion noch länger als 12 Stunden gelaufen wäre. In den AGB heißt es u.a.:

„§ 9 Nr. 11: Anbieter, die ein verbindliches Angebot auf der eBay-Website einstellen, dürfen nur dann Gebote streichen und das Angebot zurückziehen, wenn sie gesetzlich dazu berechtigt sind. Weitere Informationen. […]

§ 10 Nr. 1 Satz 5: Bei Ablauf der Auktion oder bei vorzeitiger Beendigung des Angebots durch den Anbieter kommt zwischen Anbieter und Höchstbietendem ein Vertrag über den Erwerb des Artikels zustande, es sei denn, der Anbieter war gesetzlich dazu berechtigt, das Angebot zurückzunehmen und die vorliegende Geboten zu streichen.“

Der Link „Weitere Informationen“ in § 9 Nr. 11 führte u.a. zu folgenden Hinweisen:

„Wenn Sie einen Artikel auf der eBay-Website einstellen, geben Sie grundsätzlich ein verbindliches Angebot zum Abschluss eines Vertrags über diesen Artikel ab und sind für die Angebotsdauer dieses Angebots gebunden. Es kann jedoch vorkommen, dass Sie ein Angebot vorzeitig beenden müssen, zum Beispiel, wenn Sie feststellen, dass Sie sich beim Einstellen des Artikels geirrt haben oder der zu verkaufende Artikel während der Angebotsdauer ohne Ihr Verschulden beschädigt wird oder verloren geht.

Vor dem Beenden eines Angebots gilt:

• Vergewissern Sie sich, dass Ihr Grund für das Beenden des Angebots gültig ist.

[…]

Angebot läuft noch länger als 12 Stunden

Wenn das Angebot noch 12 Stunden oder länger läuft, können Sie es ohne Einschränkungen vorzeitig beenden. Wenn zum Zeitpunkt der Beendung des Angebots Gebote für den Artikel vorliegen, werden Sie gefragt, ob Sie die Gebote streichen oder den Artikel an den Höchstbietenden verkaufen möchten. […]“

Der BGH hat mit Urteil vom 10.12.2o14 entschieden, dass dem Kläger ein Anspruch auf Schadensersatz in Höhe von 8.500 € zusteht. Zwischen dem Kläger als Höchstbietendem und dem Beklagten sei ein Kaufvertrag über das Stromaggregat zum Preis von 1 € zustande gekommen.  In der Pressemitteilung des BGH heißt es:

„Das Verkaufsangebot war aus Sicht des an der Auktion teilnehmenden Bieters dahin auszulegen, dass es nur unter dem Vorbehalt einer gemäß § 9 Nr. 11, § 10 Nr. 1 Satz 5 der eBay-AGB berechtigten Angebotsrücknahme stand. Wie das Berufungsgericht zutreffend festgestellt hat, lag keiner der dort benannten Gründe zur Rücknahme des Angebots vor. Deshalb war das Angebot entgegen der Auffassung der Revision nicht unverbindlich. Denn aus den an § 9 Nr. 11 der eBay-AGB anknüpfenden „Weiteren Informationen“ lässt sich nicht entnehmen, dass ein Angebot ohne einen dazu berechtigenden Grund zurückgenommen werden darf. Das gilt auch dann, wenn die Auktion – wie hier – noch 12 Stunden oder länger läuft. Die „Weiteren Informationen“ sind lediglich als Ergänzung von § 9 Nr. 11 hinsichtlich der praktischen Durchführung der Angebotsrücknahme zu verstehen. Nach ihrem gesamten Inhalt sollen sie dagegen nicht die – dem Geschäftsmodell einer eBay-Auktion zugrunde liegende – Bindung an das Angebot für die Dauer der Auktion weiter einschränken als dies bereits in § 9 Nr. 11 und § 10 Nr. 1 Satz 5 der eBay-AGB geschieht.“

Fazit:

Werden eBay-Auktionen ohne berechtigenden Grund von Händler vorzeitig beendet, kommt grundsätzlich mit dem im Zeitpunkt des Abbruchs Höchstbietenden ein Kaufvertrag zustande. Kann der Verkäufer nicht liefern, z.B. weil die Ware anderweitig bereits verkauft wurde, drohen Schadensersatzansprüche des Käufers.

Helena Golla