Bagatelle bei „versehentlichem“ Grundpreisverstoß?

Preisangaben, insbesondere die Grundpreisangabe sind immer wieder Gegenstand von Auseinandersetzungen. Wir haben schon mehrfach berichtet, etwa hier zu Grundpreisangaben bei eBay oder hier zum Grundpreis bei einer Gratis-Zugabe.

Nun hatte sich das OLG Köln mit einem weiteren Aspekt der Grundpreisproblematik zu befassen. (Urt. v. 19.10.2012 – 6 U 46/12). Auf einer Verkaufsplattform mit einer Vielzahl grundpreispflichtiger Warenangebote waren bei 5 Gemüsekonserven keine Grundpreise bzw. keine zutreffenden Grundpreise vorhanden. Die Frage war nun, ob es sich dabei um einen bloßen Bagatellverstoß handeln konnte.

Verletzung der fachlichen Sorgfalt bei Grundpreisangabe

Die Beklagte in dem Verfahren hatte sich damit verteidigt, dass ihr keine Verletzung der fachlichen Sorgfalt zur Last zu legen sei. Bei den fehlerhaften Angaben habe es sich um vereinzelte „Ausreißer“ gehandelt. Es sei zu versehentlichen Fehleintragungen sonst zuverlässiger Mitarbeiter oder Dienstleister gekommen.

Dieses Erfordernis einer Verletzung, der für den Unternehmer geltenden fachlichen Sorgfalt wird für eine Unzulässigkeit der geschäftlichen Handlung gegenüber Verbrauchern auch durch § 3 Abs. 2 UWG grundsätzlich vorausgesetzt, wie das Gericht anmerkt.

Unionsrechtlich begründete Informationspflichten

Darauf kommt es aber dann nicht an, so das OLG weiter, wenn die verletzte Informationspflicht eine Grundlage im Unionsrecht hat. Das ist bei der Preisangabenverordnung, die der Umsetzung der europäischen Preisangabenrichtlinie dient, der Fall.

Stehe danach der objektive Verstoß des Unternehmers gegen eine solche europarechtliche Informationspflicht fest, entfalle jede weitere Prüfung einer Verletzung der fachlichen Sorgfalt. Für die erforderliche Sorgfalt sei vielmehr ein Maßstab ohne Rücksicht auf Fahrlässigkeit oder sonstige subjektive Gesichtspunkte anzulegen. Dieser Maßstab wird nach dem Gericht definiert, als „Standard an Fachkenntnissen und Sorgfalt, von dem billigerweise angenommen werden kann, dass ein Unternehmer ihn gegenüber Verbrauchern nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Marktgepflogenheiten einhält“. Dies umfasse aber gerade solche Informationspflichten, deren Einhaltung das Unionsrecht als wesentlich einstuft. Damit gilt, wie das OLG Köln weiter ausführt, dass das Vorenthalten wesentlicher Informationen gegenüber Verbrauchern, deren Mitteilung das Unionsrecht verbindlich vorschreibt, stets („von vornherein und ausnahmslos“) eine Verletzung der fachlichen Sorgfalt darstellt.

Fazit

Jeder einzelne Grundpreisverstoß kann abgemahnt werden. Eine Bagatellgrenze gibt es dabei nicht, wie das OLG Köln nun deutlich klarstellt. Wer als Anbieter von Waren gegenüber Verbrauchern unter Angabe von Preisen werbe und deshalb unter den weiteren Voraussetzungen des § 2 PAngV die richtigen Grundpreise anzugeben habe, müsse die ordnungsgemäße Erfüllung dieser gesetzlichen Verpflichtung durchgängig und in jeder Hinsicht sicherstellen, wie das Gericht ausführt. Selbst für vereinzelte Pflichtverstöße hafte der Unternehmensinhaber – auch in Bezug auf Mitarbeiter und Beauftragte ohne eine Entlastungsmöglichkeit. Insofern seien auch keine geringeren Anforderungen an die fachliche Sorgfalt eines Internetversandhändlers zu stellen, als an die eines stationären Lebensmitteleinzelhändlers.

Es zeigt sich einmal mehr, dass bei Preisangaben besondere Vorsicht geboten ist. Die Grundpreise müssen für jeden einzelnen Artikel zutreffend angegeben sein. Dabei kann es schon schwierig sein, zu bewerten, ob bestimmte Artikel überhaupt der Grundpreispflicht unterliegen, also nach Fläche, Volumen oder Gewicht verkauft werden. Daneben ist darauf zu achten, dass die Grundpreise auch auf der richtigen Basis angegeben werden. Wie das OLG Hamm erst kürzlich im Rahmen einer mündlichen Verhandlung äußerte, ist der Bagatellbereich auch dann verlassen, wenn die Bezugsgröße des Grundpreises falsch angegeben wird – also etwa der Preis pro Liter anstatt entsprechend der Füllmenge pro 100 ml.

Händlern, die entsprechende Produkte im Sortiment haben – oft handelt es sich auch nur um Zubehörartikel zur eigentlichen Ware – ist eine fachkundige Beratung daher dringend zu empfehlen. Deutlich wird hier zudem, welche Vorsicht bei Abmahnungen und der Abgabe von Unterlassungserklärungen bei Grundpreisverstößen geboten ist, da ein zukünftiger neuerlicher, auch nur versehentlicher Verstoß, praktisch kaum ausgeschlossen werden kann. (AT)