Zu Garantie, Gewährleistung und Produkthaftung

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Was ist der Unterschied zwischen Garantie und Gewährleistung? Gibt es Gemeinsamkeiten? Wo liegen Nachteile oder Vorteile einer Garantie? Welche Tricks wenden manche Händler mit dem Einsatz einer Garantie an? Solche Fragen und mehr bestimmen häufig den Alltag der Rechtsberatung eines Rechtsanwalts.

Garantie ist nicht gleich Gewährleistung

Man kann nicht oft genug mit diesem Irrtum aufräumen. Er kann auch fatale Folgen haben. Nicht nur der Verbraucher verwendet diese Begriffe ohne Unterschiede. Auch Unternehmer sind sich oft nicht klar, dass die beiden Rechtsinstitute zwar gerne im Alltag gleichartig genutzt werden, aber sehr unterschiedliche Dinge bezeichnen. Mit dem Gewährleistungsrecht bezeichnet man juristisch ein Bündel von Ansprüchen, die einem Käufer oder Besteller eines Werkes nach Recht und Gesetz zustehen. Ganz anders die Garantie: Eine Garantie steht niemandem gesetzlich zu. Sie wird vertraglich eingeräumt. Die gesetzlichen Ansprüche sind klar definiert und z.B. gegenüber einem Verbraucher, der zu privaten Zwecken von einem Händler eine Ware kauft (Verbrauchsgüterkauf), unabänderlich! Wenn Sie eine Garantie erhalten, dann ist der Umfang völlig unbestimmt. Er richtet sich allein nach den Garantiebedingungen und die können so manche Einschränkung vorsehen.

So unterscheiden Sie Gewährleistung und Garantie

Ob neue Ware oder gebraucht, ob hochwertig oder zum Ausschlachten, ob Dauerläufer oder Verschleißteil: Die gesetzlich vorgesehene Gewährleistungszeit beträgt in allen Fällen zunächst einmal zwei Jahre. In bestimmten Fällen gibt es sogar fünf Jahre, wie z.B. bei Bauwerken (§ 438 Bürgerliches Gesetzbuch).

Die Gewährleistung startet beim Kauf nicht schon bei Vertragsschluss, sondern erst mit der Übergabe der Ware. Das kann schon einen wichtigen Unterschied ausmachen, wenn der Käufer – wie bei manchem Autokauf – länger auf die Auslieferung der Ware warten muss.

Nach dem Gesetz hat ein Käufer dann, wenn die Sache mangelhaft ist, ein sogenanntes Nacherfüllungsrecht. Unter bestimmten weiteren Voraussetzungen kann er sogar vom Kauf zurücktreten (Rücktrittsrecht) oder den Kaufpreis mindern (Minderungsrecht). Der Verkäufer hat dem Kunden für eine mangelfreie Ware einzustehen, auch wenn er nichts dafür kann, dass die Ware einen Fehler hat. Ist dem Verkäufer selbst sogar ein Verschulden vorwerfbar, kommen sogar in Einzelfällen Schadensersatzansprüche in Betracht.

Gewährleistungszeit kürzer als 2 Jahre?

Die Gewährleistung für eine neue Ware kann von einem Händler gegenüber einem Verbraucher in AGB nicht gekürzt werden. Bei gebrauchten Waren kann ein Händler die Gewährleistungszeit, also die Zeit, innerhalb der die gesetzlichen Gewährleistungsansprüche verjähren, auf ein Jahr in seinem Kleingedruckten (AGB) beschränken. Kürzere Verjährungszeiten sind in AGB nicht möglich und daher unwirksam. Das gilt auch für Bastlerware oder Ähnliches. Anders sieht es im Bereich B2B (Business to Business) aus, wenn also auf beiden Seiten der Vertragspartner Unternehmer handeln. Nur in dieser Konstellation sind sogar Beschränkung der Gewährleistungszeit selbst in AGB auch für Neuwaren möglich, aber auch nicht grenzenlos. Verbraucher können da ruhig schlafen. Das Gesetz verbietet zu seinen Lasten abweichende Vereinbarungen in § 475 BGB.

Garantien können beschränkt sein

Derjenige, der eine Garantie verspricht kann die Regeln dafür, in welchem Umfang und unter welchen Voraussetzungen er Rechte gewähren will, sehr frei bestimmen. So sind Garantien häufig nur auf konkrete Bauteile oder Funktionen beschränkt. Manchmal werden Rechte nur für den Fall eingeräumt, dass der Kunde sich in einer bestimmten Art und Weise verhält. Es gibt keine Mindestlaufzeiten für Garantien, aber es sind auch Garantiezeiten von 30 Jahren denkbar. Eine Garantie kann durchaus neben der gesetzlichen Gewährleistung versprochen werden und kürzer laufen. Das ist sogar häufig der Fall. Was in diesen Fällen gilt, lesen Sie unter „Garantie und Gewährleistung nebeneinander“. Es gibt auch Garantieversprechen, die sich nicht auf den Gegenstand richten, sondern z.B. auf den Preis oder die „Zufriedenheit“. Das hat grundsätzlich mit Mängeln weniger zu tun. Bei der Preisgarantie verspricht der Verkäufer meist eine Preisreduktion oder Gutschrift, wenn die Ware in einem bestimmten Zeitraum nach dem Kauf für den Käufer günstiger erworben werden kann. Zufriedenheitsgarantien räumen meist nach einer kurzen Probezeit ein vertragliches Rücktrittsrecht für den Käufer ein, welches dieser häufig ohne Begründung ausüben kann. Das ist wiederum nicht mit dem gesetzlichen Recht des Käufers zu verwechseln, eine Bestellung zu einer Ware, die z.B. im Rahmen eines Haustürgeschäftes, Abzahlungsgeschäftes oder im Fernabsatz per Telefon, Katalog/Prospekt oder Internet gekauft wurde, innerhalb einer Frist von meist 14 Tagen zu widerrufen (Widerrufsrecht).

Wo sind die Käuferrechte bei Mängeln geregelt?

Die „Rechte des Käufers bei Mängeln“ sind in § 437 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) angesprochen. Dort sind dann die weiteren Verweise auf die einzelnen Vorschriften enthalten. Das Gesetz unterscheidet zwischen Sachmangel (§ 434 BGB) und Rechtsmangel (§ 435 BGB), behandelt aber beide Arten im Wesentlichen gleich.

Wer zahlt Fahrtkosten oder Versandkosten?

Ist die Ware defekt, muss sie zurück zum Verkäufer oder zur Reparaturstelle. Wer sich auf das gesetzliche Gewährleistungsrecht stützen kann, ist fein raus. Nach § 439 Abs. 2 BGB trägt nämlich der Verkäufer – egal ob er etwas dafür kann oder nicht – die erforderlichen Aufwendungen für die Nacherfüllung. Das Gesetz erwähnt ausdrücklich die Aufwendungen für Transport-, Wege-, Arbeits- und Materialkosten. Das können selbst die Transportkosten aus der Ferienwohnung in Spanien sein. Grundsätzlich muss der Kunde nicht einmal die Rücksendung frei machen. Hier empfiehlt es sich allerdings, einfach zuvor Kontakt mit dem Händler aufzunehmen. Der stellt dann häufig –natürlich kostenfrei – Rücksendescheine zur Verfügung.

Bei einer Garantie ist der Garantiegeber wieder frei. Er kann die Kosten ganz übernehmen oder nur teilweise, z.B. nur für eine Versendung vom ursprünglichen Versandort aus. Denkbar ist auch, dass der Kunden die Transportkosten nach den Garantiebestimmungen oder mangels Regelung komplett übernehmen muss. Was gilt, wenn Garantie und Gewährleistungsansprüche bestehen, lesen Sie unter „Garantie und Gewährleistung nebeneinander“.

Was Garantie und Gewährleistung gemeinsam haben

Zwar sind Garantiegeber frei. Häufig übernimmt der Verkäufer oder der Hersteller jedoch eine Garantie für die Beschaffenheit der Ware (z.B. die einwandfreie Funktion) oder auch für die Haltbarkeit einer Ware („Akku hält mindestens 500 Ladungen“). Solche Garantien bewirken häufig vergleichbare Rechte, wie sie dem Käufer bei dem gesetzlich geregelten Gewährleistungsrecht zumindest im Rahmen der Nachlieferung zustehen. Der Garantiegeber verpflichtet sich meist zur Reparatur oder Neulieferung der Ware. Aber auch hier gibt es natürlich Unterschiede. Das Gesetz gibt dem Kunden das Wahlrecht und bei einem Verbraucher kann der Händler dies auch nicht ändern (§ 439 Abs. 1 BGB „nach seiner Wahl“). Allerdings hat der Händler ein Weigerungsrecht bei unverhältnismäßigen Kosten ( § 439 Abs. 2 BGB). Bei der Garantie ist der Garantiegeber wieder frei und da kann man zu 99% davon ausgehen, dass er sich das Wahlrecht vorbehält.

Beweislastumkehr im Gewährleistungsfall

Die Gewährleistung scheint dem Kunden nur Vorteile zu bieten. Das stimmt aber grundsätzlich nur für die ersten sechs Monate der Gewährleistungszeit. Denn das Gesetz verlangt für die Gewährleistungsansprüche, dass der vom Kunden behauptete Mangel von Anfang an in der Kaufsache enthalten war. Damit sollen z.B. spätere eventuell vom Kunden verursachte Beschädigungen oder sonstige Fremdeinwirkungen oder eine spätere unsachgemäße Lagerung oder Gebrauch vom Gewährleistungsrecht ausgeschlossen sein. In den ersten sechs Monaten nach Übergabe der Ware gilt gesetzlich die Vermutung, dass die Sache bereits bei Gefahrübergang (also meist beim Eintreffen beim Kunden) mangelhaft war. Damit muss der Kunde in dieser Zeit nur beweisen, dass die Sache einen Mangel aufweist (der meist offensichtlich ist). Er muss aber zunächst nicht beweisen, dass der Mangel von Anfang an bestand, da eben die Vermutung gilt. Der Händler kann den Gegenbeweis antreten. Hat der Notebookbildschirm einen Riss, dann muss der Händler z.B. mittels Gutachter nachweisen, dass es sich nicht um einen Spannungsriss handelt, sondern durch spätere Fremdeinwirkung entstanden ist. Ganz anders sieht das nach 6 Monaten aus. Jetzt trägt der Käufer die Beweislast. Es soll Händler geben, die fast grundsätzlich auf diese Beweislast verweisen und die Gewährleistung nach sechs Monaten grundsätzlich einfach ablehnen. Damit muss man sich natürlich als Kunde nicht zufrieden geben, aber hier können Sachverständigenkosten anfallen und damit Risiken. Bei einer Garantie stellen sich solche Fragen nicht. Bei einer Haltbarkeitsgarantie stellt das Gesetz sogar die Vermutung auf, dass ein während der Geltungsdauer der Garantie auftretender Sachmangel die Rechte aus der Garantie begründet (§ 443 Abs. 2 BGB). Hier muss also der Garantiegeber während der gesamten Garantiedauer die Beweislast tragen, wenn er meint, nicht eintrittspflichtig zu sein.

Die gesetzliche Gewährleistung gibt es grundsätzlich zwar auch auf Verschleißteile. So unterliegen auch Bremsbeläge oder Akkus eine Gewährleistung von zwei Jahren. Aber der Händler muss keine Gewährleistung für einen natürlichen Verschleiß übernehmen. Je nach Bremsverhalten oder Häufigkeit von Nutzung und Aufladung können Beläge oder Akkus eben auch weitaus früher ihren Dienst quittieren. Bei Garantien ist es denkbar, dass auch Teile, die ständig durch die Nutzung beansprucht werden der Garantieleistung unterliegen.

Keine Garantie bei Onlinekauf?

Da ein Garantiegeber die Regeln für die Garantie frei bestimmen kann, werden diese Rechte gerade in jüngster Zeit gerne für vertriebspolitische Ziele genutzt. So ist es durchaus nicht unüblich, wenn nur beim Kauf bei einem Vertragshändler eine Garantie gewährt wird. Das kann für den Käufer zu einer Falle werden, wenn das geliebte Online-Kaufhaus nicht zu dem Kreis der Vertragshändler gehört. Der Kaffeemaschinenhersteller JURA schränkt z.B. seine deutsche Garantie (Stand 22. Oktober 2012) von 25 Monaten für im privaten Haushalt genutzte Geräte auf den Kauf beim autorisierten Händler ein:

„Als Hersteller gewähren wir heute nur dann Garantie auf unsere Produkte, wenn diese bei einem von uns autorisierten Händler gekauft wurden.“

Vergleichen Sie selbst, ob Ihr bevorzugter Online-Shop von einem autorisierten Händler von Jura betrieben wird. So war z.B. Amazon auf der Händlersuchseite, die sich auf Standorte bezieht, am 22.10.2012 nicht aufzufinden. Bei einem Kauf dort gab es also keine Herstellergarantie, aber natürlich –wie Sie jetzt wissen – die gesetzliche Gewährleistung. War der Händler autorisiert, konnte der Kunde auch bei einem Onlinekauf die Garantie erhalten. Kunden und Händler müssen genau hinschauen und sich informieren. Bei der Stiftung Warentest (http://www.test.de/Einkauf-im-Internet-Keine-Garantie-fuer-Onlinekaeufer-4414822-0/ ) sind weitere Beispiele zu finden, wie Hersteller über die Garantiebedingungen bestimmte Verkaufskanäle bevorzugen.

Garantie und Gewährleistung nebeneinander

Häufig findet sich der Fall, dass dem Käufer die gesetzliche Gewährleistung zusteht und daneben der Hersteller (in manchen Fällen auch der Verkäufer) eine Garantie ausgelobt hat. Das Gesetz bestimmt für diesen Fall schon einmal, dass der Garantiegeber immer den Kunden darauf hinweisen muss, dass es auch gesetzliche Rechte geben kann und dass diese gesetzlichen Rechte durch die Garantie nicht eingeschränkt werden.

Ist also die Gewährleistungszeit noch nicht verjährt, steht einem Kunden gegenüber dem Verkäufer (nicht gegenüber dem Hersteller) immer ein Anspruch auf eine kostenfreie Rücksendung zur Reparatur oder zum Austausch grundsätzlich nach seiner Wahl zu. Das gilt auch, wenn die Garantiebestimmungen die Kosten dem Kunden auferlegen.

Der Kunde kann also wählen, ob er Garantieansprüche gegen den Garantiegeber geltend machen will oder Gewährleistungsansprüche gegen seinen Vertragspartner, den Verkäufer. Ein kombiniertes Vorgehen ist zwar denkbar, aber hier kann der Verkäufer auch Einhalt gebieten. So ist er nicht zwingend verpflichtet, die Ware zur Garantieabwicklung anzunehmen, wohl aber zur Gewährleistungsabwicklung.

Händler nutzen oft die Unklarheiten zwischen Garantie und Gewährleistung und zeigen bei Mängeln auf den Hersteller. Der soll es im Rahmen der Garantie richten, auch wenn die gesetzliche Gewährleistung noch nicht abgelaufen ist. Der Kunde entnimmt in Unkenntnis der Rechtslage seine rechtlichen Möglichkeiten allein den Garantiebedingungen mit ihren typischen Einschränkungen. So mancher Lebensmitteldiscounter ist z.B. bei einer aktuellen Untersuchung der Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv) bei der Behandlung von Gewährleistungsfällen aufgefallen. 76% der einbezogenen Unternehmen verwiesen den Kunden, der eigentlich seine Gewährleistungsansprüche geltend machen wollte, auf den Hersteller.

Zur Klarstellung: Es ist absolut in Ordnung, wenn der Verkäufer dem Kunden den Hinweis gibt, dass er auch Garantieansprüche hat und sich auch direkt an den Garantiegeber halten kann. Hier können sich auch Vorteile ergeben. Die Reparatur oder der Tausch der Ware wird oft beim Hersteller durchgeführt. Dann kann es schneller und unkomplizierter für den Kunden gehen, wenn er sich direkt dorthin wendet. Der Händler hat auch einen Vorteil, da er Kosten spart. Rechtswidrig ist es, die eigene Verantwortung zu leugnen. Auch muss ein Händler, der vom Kunden informiert wird, die Garantiereparaturversuche gegen sich gelten lassen.

Händler können sich schadlos halten

Das Gesetz schützt durchaus auch den Händler. Der kann im Allgemeinen nichts für den Mangel, der ja von Anfang an bestand. Hier gilt § 478 BGBund bietet dem Händler ein Rückgriffsrecht gegen seinen Vorlieferanten und diesem wieder gegenüber dessen Vorlieferanten usw. Nacherfüllungsaufwendungen, die der Verbraucher vom Händler erlangt hat, muss der Vorlieferant dem Händler ersetzen. Hierfür muss ihm der Händler nicht einmal vorher eine Frist setzen (§ 478 Abs. 1 BGB). Die Entbehrlichkeit einer Fristsetzung bedeutet faktisch, dass der Lieferant nicht mehr die Ansprüche durch eine Ersatzlieferung abwenden kann. Es ist ausreichend, wenn der Verkäufer die Sache vom Kunden berechtigt zurücknehmen musste. Der Händler darf allerdings nicht seine Rügepflichten vergessen. Schon bei der Anlieferung der Ware muss er die Ware untersuchen und Mängel schnellstmöglich rügen, sonst schaut er in die Röhre.

Produkthaftung: Anspruch gegen den Hersteller

Das Produkthaftungsgesetz regelt direkte Ansprüche gegen den Hersteller oder Importeur. Es greift aber nur, wenn durch den Fehler eines Produktes jemand getötet, sein Körper oder seine Gesundheit verletzt oder eine andere Sache, als die, die den Fehler aufweist, beschädigt wird. Der klassische Fall ist die explodierende Wasserflasche. Wir hier jemand verletzt oder durch die Scherben Hab und Gut beschädigt, dann gewährt das Gesetz auch direkte Schadensersatzansprüche. Das Gesetz regelt die Ansprüche nur für Gegenstände, die ihrer Art nach gewöhnlich für den privaten Ge- oder Verbrauch bestimmt und hierzu von dem Geschädigten hauptsächlich verwendet worden sind.
Aber auch im Unternehmensbereich gibt es Produkthaftungsansprüche, die aber aus anderen Rechtsquellen abgeleitet werden.